Archiv der Kategorie: Behinderung

Blog 16 – Die verrückten Sachen an einem Wettkampf

Für mich hat schon wieder der ganz normale Alltag mit der Training angefangen. Doch ich möchte mal noch über die verrückten Sachen an einem Wettkampf sprechen. Sachen die nur ich erlebe.

Von den sportlichen Resultaten her bin ich ja eigentlich ein Noname. Ich gewann nie irgend einen grösseren Wettkampf, und nahm auch nie an irgend einem internationalen Rennen teil. Zofingen ist ein grösseres Meeting. Es dürften einige 100 Athleten und Athletinnen am Start gewesen sein. Darunter auch einige vom Ausland. Eigentlich sollte ich da unter gehen, doch das ist nicht der Fall.

Die Sache beginnt schon beim Anreisen. Vor dem Wettkampf möchte ich meine Ruhe haben, um mich zu sammeln. Jetzt nur nicht mit Leuten ins Gespräch kommen. Wenn ich sage, dass ich an einen Wettkampf gehe, werde ich ausgefragt. Am Stadion angekommen, begrüssen mich auch schon die ersten Leute. Nicht das ich ein Star wäre, aber wer mich ein mal rennen sehen hat, kennt mich. Auf zur Anmeldung. denn ich muss mich noch nachmelden. In der Regel muss man da die Lizenz zeigen. mich fragte niemand danach. Zettel ausfüllen, Startnummer abholen, gut ist.

Auf dem Weg zum Einwärmen immer wieder Leute die mich begrüssen. Dann Serieneinteilung. Es gibt zwölf Serien – Ein riesen Feld für den 100m Start. Ich bin Serie zwölf, wo ich auch hingehöre, denn die langsamsten sind in der Regel immer am Schluss. Das ist allerdings nicht immer der Fall. Auch schon bin ich in Serie eins gestartet.

Wir haben jede menge Verspätung. und das mag ich gar nicht. Denn ich kann mich nicht so lange warm halten. Also kühlte ich noch mal runter, und versuchte am Schluss wieder aufzuheizen. Das gelang mir nicht wirklich. Ich fühle mich nicht Ready für den Start. Aber wenn ich etwas nicht darf, ist es aufgeben, also an den Start.

Schlimmster Start aller Zeiten. Ich habe ungefähr zwei Sekunden verloren. Jeder andere hätte da aufgegeben… ich ziehe trotzdem durch. Nun wird es laut… sehr laut. Das ganze Publikum klatscht im Takt. Der Fotograf hat mich fest im Visier. und da ist dann auch die Ziellinie. Meine Erwartungen wurden nicht erfüllt. Dennoch klatsche ich mit den anderen meiner Serie ab.

Ich will wieder zurück laufen, um meinen Rucksack zu holen, da werde ich von einem Mann angesprochen. Hallo, ich bin der Nationaltrainer PluSport Behindertensport Schweiz… Er hätte mich für einen Kaderzusammenzug einladen wollen. Da ich aber keine Ambitionen mehr im Behindertensport habe… hat sich das wohl erübrigt 😉

Weiter geht es mit einigen bezahlten Getränke und natürlich auch etlichen Diskussionen. Im Zug auf dem Nachhauseweg, stellte ich fest, dass ich meine Startnummer noch nicht abgenommen habe. Schnell weg damit, sonst muss ich im Zug auch noch Fragen beantworten.

Ach ja, für die Hallen Master Schweizermeisterschaften in Magglingen wurde ich auch noch eingeladen. Diese findet aber erst im 2019 statt. Manchmal frage ich mich, ob all diese Aufmerksamkeit wirklich gerechtfertigt ist. Das würde sich bestimmt ändern, wenn mehr Behinderten an Swiss Athletics Wettkämpfen teilnehmen würden. Aber wenn man alleine ist, stielt man natürlich die Show.

Blog 15 – In sieben Jahren eine Cerebral Parese wegtrainieren.

Am Samstag war ich am Pfingstmeeting in Zofingen (CH). Das ist ein relativ grosses Meeting. Ich entschied mich sehr kurzfristig, doch ein 100m zu laufen. Der Entscheid fiel am Freitag Morgen nach einem wirklich guten Morgentraining.

Seit etwas mehr als zwei Wochen habe ich den Verdacht, dass bei mir Muskelgruppen aktiv sind, die noch nie über längere Zeit aktiv waren. Ich konnte dieselben Muskelgruppen letztes Jahr mal für kurze Zeit ansprechen, jedoch nur für ein paar Tage. Auch wenn das natürlich einen unglaublichen Schritt nach vorne wäre, spüre ich aktuell vor allem die negativen Auswirkungen. Denn die Muskeln greifen falsch in den Bewegungsablauf ein, heisst, arbeiten ein Grossteil gegen die anderen Muskeln.

Das führt teilweise zu grösseren Probleme beim laufen. Ich knicke manchmal zum Beispiel einfach ein, wenn das rechte Bein mal zum falschen Zeitpunkt anzieht. Das Koordinationstraining hat meist „verschlimmernde“ Wirkung, weil danach die Muskeln aktiver sind. Mit dem Fahrradtraining kann ich das wieder ausgleichen, da die runde Bewegung des Fahrrads den Muskeln klarere Vorgaben macht als das freie Gehen.

Ich hoffte, in Zofingen die Muskeln vielleicht mal einsetzen zu können, und mit einer guten Zeit beweisen, dass meine These auch stimmt. Das gelang mir leider nicht. Es braucht wohl noch etwas Zeit.

Trotzdem spürte ich auch hier wieder die Muskeln im Einsatz… wenn auch völlig falsch. Aber hey, die Muskeln machen endlich mit… nach 37 Jahren. Die müssen nicht in den ersten Monaten schon können, was die anderen in all den Jahren lernten!

Das Publikum war während dem Lauf 1a. Alle klatschten mich im Takt über die Ziellinie. Aber noch viel besser waren die einzelnen Gespräche. Alle sagten klipp und klar: „Hey, das musst du durchziehen, egal wie hart und beschissen die Trainings sind.“

Beschissen und hart sind die Trainings, ja. aber das spielt mir immer weniger eine Rolle. Denn ich habe ein Ziel vor Augen dass ich schon ganz weit hinten am Horizont sehe. Ich kämpfe mich langsam vor zu dem Ziel. Schritt für Schritt, Training für Training. Klar, das wird kein Spaziergang. Dieses Ziel wird noch mal alles von mir verlangen. Vor allem wird es mein Durchhaltewillen noch mal auf die Probe stellen.

Sieben Jahre gebe ich mir Zeit, um das Monster CP zu besiegen!

Blog 14 – Vefko als Sprungbrett?

Gestern war wieder ein Tag an dem viel gelaufen ist. Am Abend war ich im Training, aber auch schon vorher machten wir einiges. Und wenn ich wir sage, meine ich wieder mal Marc und ich.

Bis jetzt drehte sich die Arbeit bei Vefko vorwiegend um technische Angelegenheiten.  Es ging dabei ausschliesslich um die Dienstleistungen die wir anderen Vereinen anbieten wollen. Doch das war nicht der einzige Grund, Vefko ins Leben zu rufen. Eine Sache die mich seit Jahren stört, ist das brachliegende Potential vieler Behinderter. Vor allem CP’s arbeiten ganz oft weit unter ihrem Niveau.

Vefko will Leuten eine Chance geben, ihr potential auszuschöpfen. Die Zeit zu wachsen, um fit zu werden für den ersten Arbeitsmarkt. Bis jetzt waren wir noch viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt, um uns darüber gross Gedanken zu machen.

Ich glaube, Marc und ich, beide machten sich jede Menge Gedanken darüber. Aber wir müssen noch mal miteinander reden, um die Gedanken abzugleichen. Ich habe zum Beispiel die Idee, dass Leute, während sie für uns arbeiten, begleitend eine Ausbildung machen können. Und ab und zu an Firmen ausgeliehen werden, um mehr Praxiserfahrung zu sammeln. Daher könnte auch Geld generiert werden, womit man die Ausbildung finanzieren kann.

Durch das Ausmieten ergeben sich auch Kontakte zu Firmen. Was gibt es besseres, als jemanden einzustellen er bereits für einem gearbeitet hat? Sowas in der Richtung stelle ich mir vor.

Doch dafür müssen erst mal die Kontakte hergestellt werden. Ich habe International durch die Open Source Projekte sehr gute Kontakte, doch lokal wird es dünn. Und genau daran arbeite ich gerade, die lokalen Kontakte aufzubauen. Das ist viel Arbeit, aber es lohnt sich.

Der Weg ist noch weit, doch wir werden ihn gehen, Tag für Tag, Schritt für Schritt, bis wir es geschafft haben.

Blog 11 – Sport und Vefko

Ich weiss, es ist ein dummer Titel, doch es fiel mir einfach nichts besseres ein. Es ist Mittwoch morgen, und immer noch kein Regen. Eigentlich ist es schon viel zu lange trocken. Morgen ist Auffahrt, und da hat er Regen angesagt. Deswegen blies ich mein Wettkampf ab.

Heute werde ich vermutlich auch nicht nach Zürich ins Training fahren. Zu schlecht war mein Fahrradtraining gestern. Das Koordinativtraining am Montag hatte meine Muskeln wieder bockig gestimmt. Das kriegte ich gestern richtig zu spüren. Schon bei kleiner Kadenz meinten die spastischen Muskeln, dagegen arbeiten zu müssen… so macht das Ganze keinen Spass.

Am Abend sass ich dann noch mit meinen Nachbaren draussen und tauschten Geschichten aus den bald 15 Jahren Malans aus. Das muss auch mal sein, und passiert im Sommer eh nur ein paar mal. Eigentlich hatte ich was ganz anderes vor, und wollte noch an der Vefko arbeiten. Aber sind es nicht gerade diese spontanen Aktionen, die unser Leben versüssen?

Die Arbeit läuft ja nicht weg, und die Server sind rund um die Uhr im Einsatz. Wann ich daran arbeite, interessiert eigentlich niemanden. Und so legte ich dann auch wieder mal eine Spätschicht ein. In solchen Fällen liebe ich Home Office.

Bei der Vefko arbeiten wir aktuell querbeet. Vom testen der Software über Sponsorensuche bis hin zu strategischen Überlegungen ist alles dabei. Mein Computer macht so einiges an Betriebsstunden. Er hat schon bald die 300er Marke erreicht. Wir arbeiten alle auf den grossen Start hin. Aber es gibt immer noch mehr zu tun als man denkt… kennt ihr das?

So wird der heutige Tag auch viel zu schnell wieder um sein, aber immerhin kenne ich keine Langeweile.

Blog 10 – Erstes Ettappenziel, 100m unter 30s

Es ist Zeit für mich, mein erstes Etappenziel auf dem Weg zum normal laufen zu veröffentlichen. Ich nenne die Ziele mit Absicht Etappenziele und nicht Saisonziele. Denn es ist eine Etappe auf dem langen Weg zum normalen Laufen. Im Lauf in La Chaux-de-Font habe ich eine Zeit über 34 sec gehabt. Die PB, die ich vor 3 Jahren in Winterthur aufstellte beträgt 28.88. Eine Zeit unter 30 ist also für den Moment eine gute Zeit.

Ich hätte dieses Ziel auch als Saisonziel setzen können, doch damit fixiere ich mich, dieses Ziel an einem Saisonhöhepunkt zu erreichen. Anders als andere Athleten arbeite ich nicht auf einen Saisonhöhepunkt hin. Ich erreiche die Zeit mit dem Verbessern der Koordination, und nur damit. Die Zeit wird automatisch fallen, wenn die Koordination verbessert ist.

Der Fokus wird aktuell auf dem rechten Bein liegen. einerseits dass es sich mehr durchstreckt, und andererseits auf Intermuskuläre Koordinationsoptimierung. (Das Zusammenspiel der einzelnen Muskeln) Für das Durchstrecken ist natürlich zum einen Dehnen angesagt, andererseits auch eine Lösung der Spastik. für die Intramuskuläre Koordination ist das Fahrradtraining und zum Beispiel auch Slow Motion Training (zum Beispiel auf dem Laufband) eine Möglichkeit. Bewegungsvorstellung kommt dabei auch zum Einsatz. Zwischendurch gibt es immer wieder praktische Teile, in denen das ganze umgesetzt wird. In langsamen und in schnellen Bewegungen.

Videoanalysen werden regelmässig zur Erfolgskontrolle gemacht, und damit ich weiss, woran ich gerade arbeiten muss. Denn das Gefühl und die Realität unterscheidet sich manchmal erheblich.

So habe ich mein Ziel vor meinem zweiten grossen Lauf veröffentlicht. Damit wissen nun alle, was diese Saison Sache ist.

Blog 9 – Endlich geht es wieder bergauf

Nach dem ich nun eine Woche gelitten habe, und nicht vom Fleck kam, geht es nun sportlich endlich wieder bergauf. Schon das gestrige Morgentraining war ganz in Ordnung. Am Nachmittag war es dann richtig gut. Ich hatte ziemlich tempo drauf, und die Kadenz war ok. Mit schneller Kadenz habe ich noch immer etwas mühe, aber das kann sich ja auch nicht von einem Tag auf den anderen verziehen.

Heute Abend war das Training nicht mehr ganz so gut wie gestern Abend, aber vergleichbar mit dem gestrigen Morgentraining. Allerdings sind die spastischen Muskeln fast noch etwas entspannter. Wie diese Trainingswoche aussieht, weiss ich noch nicht ganz. Das hängt stark davon ab, ob ich nach Langenthalt gehe oder nicht. Aktuell ist auf Donnerstag Regen gemeldet, das kann sich allerdings noch ändern. Ich denke ich werde so am Dienstag Abend entscheiden, ob ich in Langenthal antreten werde.

Sicher werde ich am Montag Laufkoordination machen, und am Dienstag ein eher schnelles Fahrradtraining. Wenn es nach Langenthal geht, mache ich am Mittwoch eine Pause, um am Wettkampf fit zu sein. Gehe ich nicht nach Langenthal suche ich vielleicht einen Alternativwettkampf am Wochenende. (vorausgesetzt, das Wetter stimmt dann)

Ach ja, es ist nicht so, dass ich Wasserscheu währe. Bis jetzt habe ich eigentlich jeden Wettkampf gemacht, auch bei Regen. Es ist halt nur so, dass diese Saison mehr eine Zwischensaison ist, wo der Fokus auf den Trainings, und nicht auf Wettkämpfen liegt. Für die paar Wettkämpfe die ich mache, möchte ich dann halt einigermassen gute Bedingungen. Und dazu gehört für mich eine Trockene Bahn.

Auf jeden Fall bin ich froh, dass das mit der Spastikerhöhung nur eine Phase war. Es zeigt sich, dass es sich wirklich lohnt, da etwa hartnäckig zu sein, und die Trainings trotzdem zu machen. Das war auch ein wichtiger Grund für den Tourabbruch. So hart ans Limit, wie ich die letzten Tage gegangen bin, kann man auf einer Tour nicht gehen. Es sei dann, man fährt mit Betreuung und Begleitfahrzeug. Von da her ist es gut, dass ich wieder im richtigen Training angekommen bin.

Blog 8 – Der tägliche sportliche Kampf

Ja, die letzten Trainings waren nicht gut. Am Mittwoch musste ich mich wieder mal ins Training zwingen. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust. Sprinttraining war angesagt, doch da ich schon den ganzen Tag mit gehen meine Probleme hatte, wird es wohl eher ein Koordinatives Training.

Auf der Zugfahrt nach Zürich hatte ich meine Zeit, mir Gedanken zu machen und ich fragte mich mal wieder, warum ich mir das antue. Die Antwort kam von der anderen Seite vom See von Rapperswil-Jona. Florian Schmuckli, ein Verteidiger von denen, kenne ich seit er noch ein kleiner Junge war. Er träumte schon Damals vom Hockeyprofi in der höchsten Schweizer Eishockey Liga. Heute ist er es. Er legte mit Rapperswil-Jona Lakers eine unglaubliche Saison hin. Holten als unterklassiges Team erst den Cup Sieg und erreichten am Ende das Saisonziel – den Aufstieg in die Höchste Schweizer Liga. Florian selbst hat vor der Play Off noch den Vertrag um zwei Jahre verlängert.

Florian hat mich einst bewundert, für meinen Willen und meinen Kampfgeist. Ich möchte hier sagen, dass Rappi auch einen Einfluss auf mein Comeback hatte, auch wenn das natürlich nie von ihnen Beabsichtigt war. Der Cupsieg kam genau in diese Zeit, in der ich mir ernsthaft Gedanken über ein Comeback machte. „Die rackern sich gerade für ihr Ziel ab, und ich… ich hab es vor einem Jahr aufgegeben“, dachte ich mir damals. Gerade wenn es nicht so läuft, baue ich mich an solchen Erfolgsgeschichten wieder auf.

Das täuscht leider nicht über die aktuellen Probleme hinweg. Die Spastischen Muskeln setzen offenbar alle Hebel in Bewegung um mich vom Training abzuhalten. Offenbar haben sie was zu verlieren. Das Koordinationstraining scheint zu wirken, nur wie weiss ich noch nicht. Aktuell lassen die Muskeln nur sehr langsame Bewegungen zu bei schnellen spielen sie verrückt. Doch diese Saison mache ich weiter! Da könnt ihr Muskeln protestieren wie ihr wollt. Das ist der unterschied von dieser zur letzten Saison

„Ich werde mein Leben lang für bessere Schritte kämpfen“, sagte ich mal in einem Zeitungsinterview. Ich hab mir das mal auf die Fahne geschrieben und auch wenn es etwas vergilbt ist, es steht immer noch da! Ich rüste mich für ein langen Kampf mit meiner Behinderung über mehrere Saisons. Doch ich nehme Training um Training, Wettkampf um Wettkampf und gebe mein Bestes. Nur so kommen wir zum Ziel.

Und an Florian und die Rapperswil-Jona Lakers, bald schon werdet ihr ins knallharte Sommertraining starten. Und wenn ihr da mal bei strömendem Regen oder 35°C am Schatten einen Dauerlauf machen dürft, dann denkt daran, dass ihr das letztlich nicht nur für Euer spielen tut. Durch Euer Einsatz setzt ihr ein Zeichen und helft damit – ohne es zu wissen – auch anderen Menschen, die dieses Zeichen gerade dringend benötigen.

Und ich stehe nächsten Donnerstag in Langenthal über 100m am Start. Zumindest bei gutem Wetter. Bei Regen ist das Verletzungsrisiko auf der Bahn zu hock, da ich ohne Spikes laufe.

Blog 4 – Protest der Spastik

Heute war ein guter Tag, schönes Wetter und zwei gute Trainings. Ja, ich machte heute mal wieder ein Morgen- und ein Abendtraining. Ob ich jetzt wieder mit Doppeltrainings anfange? wohl eher nicht, aber ich fühlte mich heute einfach danach.

Die trainings waren gut, nicht weil sie hochstehend waren… nein, das waren sie nicht. Doch ich setzte mich gegen die Behinderung durch. Die Spastik unternahm so ziemlich alles, um mir den Spass am Training zu verderben. Das rechte Bein wollte beim Radfahren um keinen Preis mitarbeiten. Doch ich hatte gar keine Lust aufzugeben und schlussendlich setzte ich mich durch!

Ich glaube, der Körper protestiert momentan gegen das Koordinationstraining. Doch das ist mir sowas von scheissegal. Ich glaube, mein Körper merkt, dass ich auf ernst mache und das passt der Behinderung gar nicht.

Es sind diese kleinen Siege die die Hoffnung zurückbringen, die den Kämpferwillen in mir wecken und die sagen: „Hey, die Saison wird was.“ Endlich wieder mal was positives in der kargen, langweiligen und harten Trainingslandschaft. Endlich mal wieder eine kleine Antwort auf die Frage: „Warum tue ich mir das an.“ Genau das brauchte ich!

Ich beschäftige mich auch gerade wieder mit Zielsetzung. Ich brauche wieder ein Ziel. Vor allem brauche ich Zwischenziele. Das ist gar nicht so einfach zu definieren. Denn eine Behinderung lässt sich kaum nur in Zahlen ausdrücken.

Die grossen Erfolge sind aktuell noch weit entfernt. Doch an Tagen wie heute glaube ich, dass ich diese Erfolge irgendwann feiern werde.

Stützradkrimi – Der Anfang

Ihr habt abgestimmt, und ihr wollt die Story lesen. Also schreibe ich sie auf, für Euch und vielleicht auch für mich. Viel Spass damit.

Irgendwann im Jahr 1988. In einem kleinen Landschulhaus in Hünenberg gehe ich in die Schule. Ich bin Integrationskind – damals noch eine komplette Ausnahme. Meine Eltern kämpften sehr dafür, weil sie in meiner Intelligenz das Potential für meine Zukunft sahen. Normalerweise hatte man für Fälle wie mich extra Schulen. Setzten sich die Eltern nicht extrem ein, ging alles seinen Lauf. Etwas überspitzt gesagt, schon nach der Diagnose ist der Heimplatz reserviert.

Von all diesen Kämpfen wusste ich nichts. Für mich war es normal in die normale Schule zu gehen. Schliesslich war meine Behinderung ja in den Beinen, und nicht im Kopf. Ich fühlte mich auch gar nicht so anders. Klar ich wusste um meine Behinderung aber ich machte an den meisten Orten mit. Meine Klassenkameraden machten mir das auch einfach. Ich gehörte einfach dazu.

Ich selbst wuchs in einer Bauernfamilie auf, es zählten Werte wie Arbeiten und draussen sein. Mir brauchte man das nicht zwei mal sagen. Ich half gerne wo ich konnte und testete aus, was mit Behinderung so alles Möglich ist. Ich hatte Interesse am Bauern. Doch meinen Eltern war klar, dass ich wohl nie den Hof übernehmen werde. Sie hofften, dass ich vielleicht die Matura (in Deutschland Abi) schaffe und dann Studiere. Auf diese Weise sollte auch ich ein selbständiges Leben führen können. Das waren so die Ideen meiner Eltern.

Doch Kinder sind nicht nur den Einflüssen der eigenen Familie ausgesetzt. Mit der Einschulung prägen auch die Kontakte der Schulfreunde das Leben. Und was war unter Jungs im alter von sieben bis zehn Jahre so ein Dauerthema? Natürlich Sport! Ich konnte mich dem nicht entziehen. Meine Eltern schauten ziemlich blöde, als ich mir zum Geburtstag nichts anderes als ein Fahrradtacho wünschte. Ich muss dazu sagen, dass damals Fahrrad Tachometer noch was ganz spezielles war. Die wenigsten hatten so einen.

Für meine Eltern war das nicht verständlich. Sie sind auch die non Sportler schlichthin. Mein Vater meinte oft: „Wer richtig Arbeitet, braucht am Abend nicht noch Sport machen.“ Doch ich wollte nichts anderes als mein Zähler. Ich habe es einem äusserst einfallsreichen Fahrradmechaniker zu verdanken, dass mein Geburtstagsgeschenk erfüllt wurde. Es war damals ziemlich schwierig, einen Zähler zu finden, der an das Haverich Therapierad mit den kleinen Räder passte.

Endlich wusste ich wie viel und wie schnell ich fahre. Ich konnte mich messen. Mit mir selbst und mit anderen.  Schon bald hing auch ein Poster vom Schweizer Radrennfahrer Tony Rominger an der Wand. Der Sportler in mir war geboren und keiner hat’s gemerkt.

Fortsetzung folgt

Wenn Schuhe über ein halbes Jahr halten

Ja ok, das ist jetzt nichts spezielles, werden jetzt die meisten einwenden. Für mich allerdings schon. Durch meine spezielle Gangart lasse ich Schuhe normalerweise innerhalb von ein bis ein einhalb Monaten durch. Die Schuhe die ich aktuell trage sind aus dem August des letzten Jahres.

Aufgefallen ist mir das natürlich nicht erst jetzt aber ich wollte halt auch keinen grossen Wirbel um das Ganze machen. Die erste Zeit schob ich die längere Lebensdauer auf meine geringere Trainingsaktivität. Die hält auch bis jetzt an, da ich ja aktuell vorwiegend mit dem Fahrrad trainiere. Aber kann das eine Vervierfachung der Lebensdauer zur Folge haben? Da ich die Sportschuhe auch im Alltag nutze und ich zwischendurch auch sehr schlecht lief (was auch mehr Schuhe braucht) kann es wohl kaum der alleinige Grund sein.

Doch was ist es dann? Theoretisch ist das eigentlich nur durch eine andere Lauftechnik möglich. Doch das will ich aktuell nicht hören. Jahre habe ich dafür gekämpft und nie einen wirklichen Erfolg feiern können. Letzte Saison habe ich sogar das Ganze Trainingsprogramm nur darauf ausgelegt, Fortschritte zu machen. Ich kriegte es zwar hin, einige Muskeln zu aktivieren, die für mich bis zu dem Zeitpunkt kaum ansteuerbar waren. Doch mein Körper konnte damit nicht umgehen, und sprang nach kurzer Zeit wieder ins alte Bewegungsmuster zurück. Kein Wunder will ich im Moment nicht an Veränderungen im Laufstil oder gar an Fortschritte glauben!

Doch es sind die kleinen Zeichen, die mich immer wieder aufrütteln. Wie diese Schuhe, die schon über sechs Monate alt sind. „Es ist noch nicht vorbei“, sagt dann eine Stimme in mir. Und dann habe ich auch immer wieder Tage, an denen ich das Gefühl habe, irgendwas ist anders. Doch was, kann ich aktuell nicht sagen.

Ja, es kann natürlich auch sein, dass von den Trainings letztes Jahr doch was hängen geblieben ist. Dass genau diese Veränderungen eine Disbalance hervorgerufen hat, mit der ich jetzt über ein halbes Jahr zu kämpfen hatte. Das wäre dann auch eine Erklärung, weshalb sich Verletzungen in den letzten Monaten so still zurückgezogen haben. Aber es fällt mir schwer das zu glauben.