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Ein halbes Jahr ohne Sport

Ich habe es tatsächlich geschafft! Ich habe ein halbes Jahr kein Sport gemacht. Was für andere der normale Dauerzustand ist, wäre für mich noch vor zehn Jahren undenkbar gewesen. Und ja, ich habe es tatsächlich auch genossen. Und für alle die jetzt fragen, ja ich habe wirklich nichts gemacht. Kein einziges Training.

Natürlich war das nichts tun pure Absicht. Ich wollte mal sehen, wie mein Körper auf eine längere Sportpause reagiert. Als CP wird einem ja immer eingeflösst: „Du musst was tun, sonst wird es mit deiner Behinderung schlimmer“

Am Anfang ging es tatsächlich bergab. Der Tiefpunkt war vermutlich im Oktober, als sich das Laufen gar nicht mehr gut anfühlte. Ich ertappte mich, wie ich Laufstrecken mit allen Mitteln zu verkürzen versuchte, um ja keine längeren Laufstrecken machen zu müssen.

Doch dann erlebte ich ein kleines Wunder. Plötzlich ging das laufen wieder Ringer… und nicht nur dass, ich spürte auch die besseren Gangmuster, die ich immer mal wieder hatte, aber nie halten konnte. Warum kommen die genau dann, wenn ich überhaupt kein Training machte?

Eine Theorie dafür könnte sein, dass das Hirn Zeit braucht, um tiefgehende Änderungen (und Änderungen im Laufmuster sind tiefgehend) durchzuführen. Das wird auch von anderen mehrfach bestätigt. So kommen zum Beispiel Fortschritte bei Kindern oft in einer Therapiepause. Habe ich mir also mit meinem konsequenten Training die Fortschritte zunichte gemacht?

Vermutlich ist das nicht der Hauptgrund, aber sicher ein Faktor. Die Frage ist nun, was wir daraus lernen. Faule würden jetzt sagen: „Machen wir doch gar nichts.“ Ich halte das als ein bisschen zu kurz gedacht. Doch wir müssen wohl anerkennen dass die Pausen ein wichtiges Trainingsinstrument sind.

Daraus ergibt sich für mich wieder eine neue Trainingsidee, die ich ausprobieren möchte. Ein kurzes heftiges Intensivtraining mit vielen Reizen für das Gehirn. Anschliessend eine zwei Monatige (oder so lange wie es braucht, dass die Änderungen Fuss fassen) Komplettpause mit möglichst wenig Reizen. Und danach eine Stabilisierungsphase, mit wenig Reizen aber viel Praxis. Die Praxis soll dann die Änderungen festigen.

Fachleute können gerne den Blog Kommentieren. Mich interessiert, was ihr von der Strategie haltet. Ebenfalls bin ich auf der Suche nach möglichst Reizlosen Trainings (für den Kopf)

Es wird also wieder los gehen für mich mit Trainings. Aber nicht mehr so viel wie früher.

Sport of Hope – Aktueller Stand der Trainings

Vielleicht ist einigen Aufgefallen, dass ich dieses Jahr noch nicht an Wettkämpfen in der Leichtathletik teilgenommen habe. Zwar ist es mir letzthin endlich wieder gelungen ein paar Meter zu Rennen. Die Koordinationsprobleme die dies im Winter verhindert hatten, sind weitestgehend behoben. Zumindest für den Moment. So ganz traue ich der Sache nämlich noch nicht.

Das was mich an einem Saisonstart momentan hindert, sind die Kniee. Die sind der Belastung eines Sprintes aktuell nicht gewachsen. Vielleicht muss ich doch noch etwas Muskelaufbau machen. Ich habe mit Absicht keinen Muskelaufbau gemacht, um eine allfällige Disbalance durch Veränderungen im Laufstil besser abfangen zu können. Für all die jenen die jetzt nicht aus dem Sportsektor kommen. Eine Disbalance ist, wenn gewisse Muskeln zu stark und andere zu schwach sind. Bei einer Laufstiländerung kann es ganz schnell zu einer Disbalance kommen, da sich die Kräfte verschieben. Eine Disbalance kuriert man in der Regel mit gezieltem Muskelaufbau. Dieser ist natürlich viel effektiver, wenn die Muskeln nicht bereits auf einem sehr hohen Level trainiert sind.

Laufstilmässig hab ich aktuell nicht gross das Gefühl, dass da was Neues ist. Im Training kriege ich manchmal was anderes hin… zumindest gefühlt. Allerdings habe ich dann die Tage darauf Gehprobleme. Das ist natürlich eine Barriere, weil ich dann letztlich immer wieder in das alte Muster zurückfalle. Meine Hoffnung beruht auf „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ Wenn ich die neuen Bewegungsmuster oft genug einprogrammiere wird es vielleicht irgendwann nicht mehr so anstrengend. Ich glaube genau das ist das Problem. Für den Körper (vor allem für das Gehirn) sind die neuen Bewegungsmuster noch zu anstrengend. Das würde erklären, warum es im Training für kurze Zeit mal ganz gut klappen kann, im Alltag aber scheitert.

Wir werden sehen wie sich das weiter entwickelt. Es braucht immer wieder viel Motivation meinerseits. Zumal nie so ganz klar ist, macht man es richtig, oder nicht. Es bleiben hoch experimentelle Trainings.

Starte ich dieses Wochenende?

Dieser Blog wird etwas kürzer, denn ich möchte Euch nur schnell über die aktuelle Lage meines Körpers informieren.

Letzte Woche war immer noch ein auf und ab. Mal ging es mit laufen, mal nicht. Das Meeting im Letzigrund musste ich aus lassen, weil es einfach nichts gebracht hätte. Es gibt tatsächlich Momente, da läuft das mit der Koordination schon recht gut und einige Stunden später ist wieder alles zu Sau.

Diese Woche werde ich versuchen, ob ich mich mittels spezieller Vorbereitung für 60m sprintready machen kann. Zudem werde ich noch neue Schuhe kaufen. Die jetzigen sind strukturell durchgelaufen. Sie haben nicht mehr die Stützfunktion im Innenfuss, die für mich wichtig ist. Zudem beginnen sich auch wieder die Sohlen zu lösen. Schuhe kaputt kriegen ist also nach wie vor kein Problem. 😉

Falls es mit den Tests was wird, werde ich ein Startversuch wagen. Ich habe Basel und St. Gallen zur Auswahl. Für Basel spricht eigentlich der Doppelstart, aber ich glaube nicht dass mir dieses Jahr ein solcher was bringt. Ich denke eher, wenn ich mich auf einen Lauf heiss kriege, dann ist das schon super. Da man in St. Gallen in der Halle aufwärmen kann, werde ich mich vermutlich für St. Gallen entscheiden. Ganz sicher ist es allerdings noch nicht. Ich werde Euch noch mal darüber informieren.

Wenn ich starte, dann ist das als ein erster Versuch zu werten. Die Entkoppelung ist immer noch im Gange und es braucht jede Menge Geduld. Das Fiese an der Sache ist, dass ich noch keine Ahnung habe, in welche Richtung es dieses mal geht. Manchmal habe ich selbst meine Zweifel, auf dem richtigen Weg zu sein. Ein Erlebnis wie letztes Jahr in Thun könnte ich jetzt gut gebrauchen. Ich bleibe dran.

Ich glaube damals wurde der Sportler geboren

Immer wenn ich an Wettkämpfen bin fragen mich die Leute, ob ich denn von meinen Eltern speziell im Sport gefördert wurde. Das ist ja oft der Fall, doch bei mir nicht. Meine Eltern sind die non Sportler schlichthin. Meine drei Geschwister machten als Kinder und Jugendliche kein Sport. Zumindest nicht Wettkampfsmässig. Der Sportteil der Zeitung landete als erstes ins Altpapier und mein Vater witzelte gerne mal Sportler. Alles in allem ein schlechter Nährboden für ein zukünftiger Sportler.

Meine Eltern hatten mich in meinen sportlichen Vorhaben tatsächlich wenig unterstützt. Sie haben nie verstanden, was ich daran so cool finde. Wenn ich es ja noch so als schönes Hobby nebenbei betrieben hätte, aber nein, Sport wahr mehr. Schon mit Zwölf wusste ich, dass ich ganz nach oben möchte. Und ich träumte nicht nur davon, sondern ich tat auch alles, um das auch zu erreichen. Wie konnte es sein, dass ausgerechnet das Körperlich behinderte Kind einer komplett unsportlichen Familie den Weg eines Leistungssportlers einschlägt?

Gesät hatten meine Eltern dies vermutlich Ende 1983 als sie sich für die Intensivtherapie nach Doman entschieden. Die Therapie ist aufgrund ihrer Intensität sehr umstritten. Mit mir (ich war damals 3 Jahre alt) wurde sieben Tage die Woche sieben Stunden am Tag gearbeitet. Doch die Therapie war extrem Fortschrittlich aufgebaut. Man predigte schon Muskelaufbau wo sonst alle noch auf schonen und eingipsten, um Fehlstellungen zu vermeiden, setzen. Die Therapie war ganzheitlich, und so zählte auch Augentraining und Intelligenztraining dazu. Ich konnte zum Beispiel schon vor meiner Einschulung lesen (und schreiben glaub auch). Die Therapie war aber auch ein knallhartes Trainingsprogramm, dass man sehr wohl mit dem Training eines Spitzensportlers vergleichen kann. Allerdings auch spielerisch aufgebaut wo es nur geht.

Ich denke aber es war nicht die Therapie an sich, die mich zum Sport gebracht hat, sondern der Fakt, dass die Therapie super zu mir passte. Ich konnte extreme Erfolge verbuchen. Von dem, der mein Leben veränderte, erzähle ich Euch heute.

Es war genau heute vor 32 Jahren. Wir Kinder planten eine „Zirkusvorstellung“ für den Abend. Das war die Idee meines grossen Bruders Urban. Als Abschlussnummer war was ganz spezielles geplant. Wir konnten es kaum erwarten, unsere Vorstellung zu halten. Nach dem Abendessen Holten wir alle in die Stube. Ich weiss noch, dass meine Eltern gerade nicht so Lust  auf „Zirkus“ hatten, aber wer kann das seinen Kids schon abschlagen 😉 Ab da habe ich Filmriss, vermutlich war das erlebte zu extrem für mich. Langer Rede, kurzer Sinn… Ich machte meine ersten frein Schritte, und das mit knapp sechs Jahren.

Von da an wusste ich wie Erfolg schmeckt und ich wusste auch, dass es sich lohnt zu kämpfen. Den Grundstein für meine sportliche Karriere haben also meine Eltern gelegt, wen auch nicht mit Absicht. Meine Eltern haben in meiner Kindheit extrem viel getan für mich. Ohne sie währe ich heute vermutlich irgendwo in einem Behindertenheim untergebracht, würde nicht sprinten nicht bloggen und wohl auch nicht programmieren. Dafür ein fettes Danke an meine Eltern und auch meine Geschwister die oft zurückstecken mussten.

Dass mich meine Eltern später so wenig im Sport unterstützt haben, kann ich ihnen nicht verübeln. Natürlich hat es mich genervt und in meiner Jugend wünschte ich mir auch manchmal einfach andere, sportbegeisterte Eltern. Aber gerade das zeigt, dass es nicht die Sportbegeisterte Familie braucht um hoch zu kommen. Ich weiss dass meine Eltern stolz auf mich sind, selbst wenn ich ein anderer Weg eingeschlagen habe als sie sich träumten.

Das optimale sportliche Umfeld habe ich mir dann später ausserhalb meiner Familie aufgebaut. Dazu kann ich dann in einem anderen Blog mal Stellung nehmen.