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Ich beende langsam mein sozialschmarotzen

Als ich noch Sport machte, und mich jemand nach meinem Beruf fragte, antwortete ich oft: „Ich bin Eidg. dipl. Sozialschmarotzer.“ Die Reaktionen darauf fielen ganz unterschiedlich aus. Einige lachten, andere waren Entsetzt, und wieder andere wiesen mich zurecht. Ok, man kann sich wirklich streiten, was meine sportlichen Aktivitäten für die Allgemeinheit brachten, aber ich machte daneben ja auch noch die Open Source Projekte. Da trug ich tausende Stunden bei und diese Stunden kamen definitiv der Allgemeinheit und der Wirtschaft zu Gute. Aber das Geld für das Leben erhilt ich von der Allgemeinheit (IV und Ergänzungsleistungen).

Ich hätte auch so weite machen können, kein Problem, denn die IV hat mich „abgeschrieben.“ Bei vielen Fällen wird periodisch überprüfft, ob vielleicht doch noch etwas Arbeit möglich wäre, aber bei „hoffnungslosen Fällen“ wie mir, wird das mit der Zeit eingestellt.

Ich bräuchte also gar nicht hier im Büro sitzen, sondern könnte die Beine hochlegen und geniessen. Doch für mich war immer klar, dass ess nicht mein Weg ist. Eigentlich ganz einfach würde man denken. „Job finden und gut ist!“ Nicht mal das wäre nötig gewesen, denn ich hatte in meinem Leben tatsächlich einige Jobangebote bekommen. Das hing mit meinem Engagement in der Open Source Szene zusammen.

Wer sich bewegt, geht ein grosses Risiko ein

Wo ist dann das Problem werden nun einige fragen. Nun, wenn ich zu Arbeiten beginne, verfällt spätestens nach drei Jahren mein Rentenanspruch. Und ich sage ausdrücklich „Rentenanspruch.“ Will heissen, wenn ich irgendwann in 10 Jahren, aus welchem Grund auch immer, nicht mehr arbeiten kann, geht es nicht so einfach zurück in die Rente. Dann muss ich alles neu beantragen.

Ich meine wo bleibt da die Fairness. Nur weil ich Arbeite bin ich die Behinderung noch nicht los! Auf die Statlichen Unterstützungen verzichte ich liebend gerne. Ich meine, wenn ich als ITler gut verdiene brauch ich das nicht! Aber sollte ich mal nicht mehr arbeiten können, wäre es ganz angenehm wieder zu der Rente zurückkehren zu können, ohne grosses Tamtam. Doch…

…ich konnte nicht mehr länger zusehen…

wie meine Kollegen in der Informatik in der Arbeit ersaufen. Ich war es satt, ständig die offenen Stellen um die Ohren gehauen zu bekommen. Mit Vefko schmiedeten wir in den letzten Monaten einen Plan, wie man das Ganze etwas Risikoloser gestalten könnte. Gestuft werde ich jetzt langsam das Sozialsystem verlassen.

Und wisst ihr was, es fühlt sich richtig gut an! Ja, ich habe auch sonst zur Gesellschaft beigetragen, aber es ist eben doch ein unterschied, ob du ein (auch herzliches) Danke zurückkriegst, oder eben Geld (im Idealfall beides). Es fühlt sich gut an, ein Rädchen im Motor der Wirtschaft zu sein und wir wollen als winziges Rädchen wachsen, grösser werden, und mehr beitragen.

Vefko ist bereit, und ich mit dazu. Vor zehn Jahren war bald wieder die Zeit, wo ich die Sommertraining startete. Morgens um sechs schon aufs Rad. Niemand hat mich dazu gezwungen, aber ich wollte es! Genau so wie ich nun in die Arbeitswelt will.